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Die Möglichkeit, unbezahlten Urlaub bei Swiss Climate zu nehmen, erlaubt mir folgendes: Kopf ausschalten und Beine strampeln lassen.
Verstaut in wasserdichten Taschen sind Zelt, Schlafsack, Isomatte, ein kleiner Kocher, Regenbekleidung, Flickzeugs, Ersatzschläuche und Badehosen. An Kleidung erhält nur das notwendigste einen Platz. Der Plan: Von der Schweiz mit einem Schlenker durch die Toskana und den Abruzzen nach Rom. Weiter mit der Fähre nach Sardinien, eine Durchquerung von Korsika und schliesslich von Nizza über die Alpen zurück nach Hause. Unbestritten ist: Flache Strecken sind rar. Das Höhenmeterprofil folgt einem Zickzack - so wie ein Kind Krokodilzähne malen würde.
In den letzten Jahren erlebte das Bikepacking in Europa einen Aufschwung. Der Unterschied zum herkömmlichen Fahrradreisen: Beim Bikepacking ist man mit möglichst leichtem Gepäck unterwegs und befestigt die Taschen direkt am Rahmen, Sattel und Lenker. Dies rückt den Schwerpunkt in die Mitte und macht das Fahrrad so geländetauglicher. Trotz wachsender Beliebtheit ist die europäische Bahninfrastruktur leider noch nicht fahrradfreundlich. Oft fehlt es an Reservierungsmöglichkeiten, Platz oder es ist gar verboten. Meine Route hingegen führt nur über Wasserwege. Die Fahrradmitnahme auf eine Fähre ist äusserlich unkompliziert. So bin ich dreimal in ein Schiffbug hinein- und hinausgerollt, ohne die Taschen zu demontieren.
Während die Sarden auf meine Alleinigkeit mit „oh molto pericoloso signorina“ reagierten, nickten die Korsen mit einem knappen „bravo courage“. Allein unterwegs zu sein, führt zu einer gezwungenen Offenheit und gleichzeitig wunderbaren Begegnungen. So zeltete ich aufgrund von starkem Nebel in einem fremden Garten und wurde von der Familie auf ein Geburtstagsessen eingeladen. Nach einer Torte im Magen und einer angeregten UNO-Partie lässt es sich leichter einschlafen. Ein andermal schmierte mir eine uralte Frau auf Krücken Brote für den nächsten Pass. Sie meinte schmunzelnd: „Während der Siestazeit etwas essen kriegen zu wollen - ein Anfängerfehler.“ Einst erwies sich eine Autobahnunterführung als Schlammsee, durch den wir die Fahrräder mitsamt uns stossen mussten. So erreichten wir komplett schlammverkrustet in der Dämmerung einen Vorort von Rom. Eine römische Familie besorgte uns ein Abendessen aus ihrem Laden und führte uns per Anhalter auf ihr privates Grundstück. Es gibt nichts Romantischeres als vor der Autostrada in der Pampa zu zelten. Auffällig war, dass jedes noch so winzige Dorf eine Bar Centrale hegt, die auf der Hauptpiazza steht. Nach einem kurzen Gespräch mit den Lokalen über das Wetter oder meine Tagesdestination blieb das Portemonnaie für den Espresso oft in der Tasche liegen.
Nicht nur die kurvenreichen Pässe liessen das Adrenalin höher steigen. Hunde, insbesondere abruzzische Schutzhunde, spürte ich gefährlich nahe an meinen Waden. Zudem war die Sicht auf Frischlinge und dem Hinterteil der Wildschweinmutter auf einer Gravelabfahrt nicht prickelnd. Rational betrachtet stellte jedoch der Strassenverkehr in Rom die grösste Gefahr auf meiner Reise dar.
Obwohl die CO2-Bilanzen, Risikoanalysen und TCFD-Mandate bereits in weite Ferne gerückt waren, begegnete mir das Thema Klimakrise oft. Auf einer Hochebene in den Abruzzen radelten wir an Skistationen vorbei. Ein Pensionsbesitzer berichtete besorgt: „Nicht einmal ein Hauch von Schnee erhielten wir im Winter 2023/24. Daher blieben viele römische Touristen aus.“ In der Nähe des höchstgelegenen Passes in Korsika, dem Col de Vergio, kam ich beim Kaffeeschlürfen mit einem Förster ins Gespräch. Die Wälder auf fast 1500 M.ü.M seien bereits im Frühling von der Trockenheit gestresst. Auch hier blieb der grosse Schnee aus, welcher eine wichtige Wasserreserve für Pflanzen im Sommer darstellt. „Am besten passt sich die korsische Schwarzkiefer an die Erderwärmung an“, fügte der Mann in dicken Wanderschuhen hinzu. Ein weiteres Beispiel: Die über 150 km weite Poebene vom Gardasee nach Bologna zu durchqueren, war körperlich anstrengend. Windschatten, Gelati und Espressi halfen. Für diese Ebene sah sich die italienische Regierung abermals gezwungen, einen Wasserplan den Bauern auszustellen. Letzterer hält fest, inwiefern die einzelnen Agrarbetriebe ihre Ackerflächen bewässern dürfen. Anders gesagt: Ich war um jeden trockenen Tag auf dem Fahrrad froh. Gleichzeitig lechzte die Natur nach Niederschlag.
Dieser kam auf der Alpendurchquerung Richtung Schweiz. Und dies in Form von Schnee. So schnell wünscht man sich Gelati und Sonne wieder.
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